Bindlach Kulinarisch

vergrössern Essen und Trinken hält Leib und Seel' 'zam.
Obwohl aus Bayern stammend, haben die Franken (und damit auch die Bindlicher) diesen Satz für sich gepachtet!
(Vorsicht: Wer jetzt mit großen, fragenden Augen vor dem Bildschirm sitzt und denkt "Franken liegt doch in Bayern?!" Solches hierzulande laut zu äußern wird zumindest mit sofortigem Lokalverbot bestraft, wenn nicht schlimmerem!!)

Die deftige, bodenständige, aber eben doch raffinierte Küche mit ihren vielen Spezialitäten ist natürlich eine einzige Kalorienbombe und nichts für ernährungsbewusate Kalorienabzähler; ein Alptraum für jeden Veganer sowieso. Aber dafür ist sie derart derart lecker, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen oder gar aufhören soll, darüber zu erzählen.
Deshalb picke ich einfach zwei typische Spezialitäten heraus, die mir persönlich besonders schmecken und hierzulande einfach ein "Muss" sind!

Zum einen liebt der Franke Kartoffeln über alles. Vor allem in ihrer edelsten und vollendetsten Form: Als Kloß!
Eine Hausfrau, die es wagt, ein Sonntagsessen ohne "Kleeß" zu servieren, hat bei der Schwiegermutter und beim Ehemann gleichermaßen verloren - ein undenkbarer Frevel! Und wer denkt, dass a "Kluuß" gleich "Kluuß" ist, irrt schon wieder - nicht weniger als vier verschiedene Grundformen des "Kluuß" muß eine einheimische Köchin beherrschen, wenn sie als Hausfrau bestehen will.

Die zweite Spezialität ist ein traditionelles Hefegebäck, das "Kiechla".
Es wird bei allen Feierlichkeiten gereicht und stellt noch vor den Torten und Kuchen den Höhepunkt jeder Kaffeetafel dar! Der Aufwand zur Herstellung dieser goldbraunen Backware ist allerdings enorm, und wenn man nicht gerade ein paar Hundert dieser "Schmalzkringel" benötigt (zu meiner eigenen Konfirmation habe ich selbst über 200 davon zu Verwandten und Freundschaften ausgetragen!) empfehle ich den Weg zum Wagners Bäck' im Steig, der backt die besten weit und breit. Das Vorbestellen sollte man aber nicht vergessen, denn selbst dort gibt es sie nicht täglich!

Guten Appetit wünscht

Dieter Rausch


Rezepte

Kleeß
Klöße
 · Griena Kleeß
 · Baumwollna Kleeß
 · Stärkkleeß
 · Halbseidna Kleeß
 · Eigschniddna Kleeß
 · Griebla
Grüne Klöße
Klöße aus gekochten Kartoffeln
Klöße mit Stärkemehl
Klöße aus gekochten Kartoffeln
eingeschnittene Klöße
geröstete Brotwürfel (unabdingbar für alle Klöße!)
Kiechla Traditionelles Hefegebäck

Griena Kleeß

(Grüne Klöße)

20 große und kleine Kartoffeln
Salz und Essig
3 EL Butter
2 Brötchen vom Vortag


Die Kartoffeln teilen: Die großen (ungefähr drei Fünftel) werden gewaschen, geschält, in Stücke geschnitten und in eine Schüssel mit Wasser, dem etwas Essig beigefügt worden ist, gelegt. Die kleinen (ungefähr zwei Fünftel) ebenfalls waschen, in einem Topf mit kaltem Wasser auf den Herd setzen und weich kochen. Währenddessen werden die rohen Kartoffeln gerieben. Ganz stilecht macht man das mit einem großen Reibeisen.

Die rohen Kartoffeln werden in eine große Schüssel, in die man ein bißchen Wasser und 1 EL Essig gibt, gerieben und der entstandene "Brei" dann durch ein Kartoffelsäckchen aus Leinen (zur Not geht auch ein gebrühtes Geschirrtuch) geschüttet und kräftig ausgedrückt. Das ausgedrückte Wasser eine Zeitlang stehen lassen, damit sich die Stärke absetzen kann. Dann gibt man die ausgedrückte Kartoffelmasse und die gewonnene Stärke in eine große Schüssel.

Weiter geht's mit den inzwischen fertig gekochten Kartoffeln:
Sie werden gepellt, noch heiß durch eine Kartoffelpresse gedrückt und mit der rohen Kartoffelmasse und der Stärke gründlich vermischt.

Inzwischen setzt man in einem großen Tiegel Wasser auf und bereitet die "Griebla", die in Butter gerösteten Weißbrotwürfel, zu.

Wenn das Wasser kocht, nimmt man einen Schöpflöffel davon ab und brüht die Kartoffelmischung in der Schüssel damit. Salz nach Geschmack darüber streuen und das Ganze noch einmal kräftig durchkneten.

Dann werden "die Kleeß" geformt. Mit nassen Händen nimmt man eine Handvoll Teig, gibt in die Mitte ungefähr 1 EL "Griebla" und formt das Ganze zu einem runden Kloß. Diesen läßt man dann ins kochende Wasser gleiten. Temperatur gleich zurückschalten, das Kloßwasser darf nur am Anfang sprudeln! Die Klöße dürfen nur ziehen, sie "kochen sonst ab". Es dauert 20-30 Minuten, bis alle Klöße durch sind.
Wichtig: Den Topf nicht ganz zudecken!

Griena Kleeß schmecken besonders zu Schweinebraten, Gans und Ente, aber auch zu Rouladen und Rippchen!


Baumwollna Kleeß

(Klöße aus gekochten Kartoffeln)

Eine gute Köchin erkennt man daran, dass sie in der Lage ist, Baumwollna so hinzukriegen, dass sie weder klitschig noch pampfig sind. So einfach das Rezept klingt: Die Kunst des Baumwollna-Kleeß-Kochens zu erlernen, kann Jahre dauern ... !


Etwa 5 Pfund Kartoffeln
Salz
2 Eier
1 Handvoll Grieß
3-4 Handvoll Stärkemehl
Brötchen und Butter für die "Griebla"


Die Kartoffeln in Wasser aufsetzen und kochen, bis die Schale leicht aufspringt. Dann werden sie abgeseiht, geschält und noch heiß durch die Kartoffelpresse gedrückt.

In einer großen Schüssel mit Grieß und Stärkemehl, Eiern und Salz kräftig vermischen, bis ein glatter, griffiger Teig entstanden ist. Mit nassen Händen Klöße formen (die "Griebla" in der Mitte nicht vergessen!). Alle Klöße ins sprudelnde Wasser gleiten und bei niedriger Temperatur ungefähr 30 Minuten köcheln lassen.

Nicht ganz zudecken, sonst kochen sie ab!

"Baumwollna" passen besonders gut zu Sauerbraten und Wildgerichten.


Stärkkleeß

(Klöße mit Stärkemehl)

3 Pfund Kartoffeln
1 Pfund Stärkemehl (aus Kartoffeln)
Salz


Die Kartoffeln werden gut gewaschen, mit der Schale gekocht, und geschält, wenn sie gar sind. Noch heiß durch eine Kartoffelpresse drücken und schnell mit dem Stärkemehl und dem Salz vermengen. In leicht kochendem Salzwasser ungefähr 20 - 30 Minuten gar werden lassen.


Halbseidna Kleeß

(Klöße aus gekochten Kartoffeln)

2 Pfund Kartoffeln
100 g weißes Mehl
100 g Kartoffelmehl
2 Eier
Salz
Butter
Brötchen


Die frisch gekochten Kartoffeln werden geschält, durch ein Sieb gedrückt oder gerieben. Die Kartoffelmasse mit dem weißen Mehl, dem Kartoffelmehl, den Eiern und etwas Satz vermengen. Mit nassen Händen Klöße formen, dabei in jedes Kloß ein paar "Griebla" drücken. Die "Halbseidenen" anschließend in Kartoffelmehl wälzen, bevor sie ins sprudelnde Salzwasser gelegt werden, wo sie in rund 20 Minuten gar ziehen.


Eigschniddna Kleeß

(Eingeschnittene Klöße)

Die traditionelle "Resteverwertung" für den Tag danach:

Übrig gebliebene Klöße - dazu eignen sich welche sowohl aus rohen als auch aus gekochten Kartoffeln - werden in Scheiben geschnitten und in Butter goldbraun gebacken.
Als eigenständiges Gericht übergießt man sie mit einer aufgeschlagenen Mischung aus Milch und Ei, schmeckt deftig mit Salz und Pfeffer ab, und bestreut sie mit frischem, feingeschnittenen Schnittlauch.
Dazu werden vielerorts milde Gewürzgurken gereicht, und natürlich eine gepflegte "Hopfenkaltschale"!


Die Griebla

(geröstete Brotwürfel)

"Griebla" heißen die goldbraunen, knusprigen Würfelchen aus altbackenen Brötchen, ohne die kein Kloß vollkommen wäre. 2-3 Würfel als Füllung im Kern garantieren nicht nur, dass der Kloß schneller gar und lockerer wird (die Griebla entziehen dem Teig Feuchtigkeit!) - sie leisten auch einen erheblichen Beitrag zu seinem Wohlgeschmack!

Und so werden sie zubereitet:
Brötchen oder Weißbrot (ohne Kruste!) vom Vortag in kleine Würfel schneiden und in heißer, zerlassener Butter goldbraun anrösten - das ist schon alles. Wer keine altbackenen Brötchen hat, kann übrigens auch einfach leicht angerösteten Toast würfeln und "anschwitzen"!


Kiechla

Kiechla (Ausgezogene Pfannenkuchen, auch Kniekiechla genannt)

500g Mehl
30 g Hefe
1 TL Zucker
1/4 1 lauwarme Milch
2 Eier
4 El Zucker
1 Prise Salz
1 Messerspitze abgeriebene, unbehandelte Zitronenschale
250g Butter
1 TL Arrak
Puderzucker
Butterschmalz oder Schweineschmalz zum Ausbacken


Man gibt das Mehl in eine Schüssel und drückt in die Mitte eine Vertiefung. Die Hefe hineinbröckeln, mit dem TL Zucker, 3 EL lauwarmer Milch und etwas Mehl verrühren, leicht mit Mehl überstäuben. Das "Dämpfla" muß jetzt erst einmal rund 15 Minuten gehen, deshalb deckt man die Schüssel mit einem sauberen Tuch zu und stellt sie an einen warmen Ort.

Wenn das "Dämpfla" ungefähr die doppelte Größe erreicht hat, werden die restliche Milch, die erwärmten Eier, die zerlasse Butter, Zucker, Salz, Zitronenschale und der Arrak zum Vorteig gegeben.

Vorsicht, die Butter darf nicht direkt ins "Dämpfla" selbst geraten!

Dann wird der Teig solange verrührt und gut durchgeknetet, bis er sich von der Schüssel löst, glänzend aussieht und Blasen wirft. Danach soll der Teig noch einmal gehen, mindestens eine halbe Stunde! Also die Schüssel wieder zudecken und an einen lauwarmen Ort stellen. Anschließend wird das Ganze noch einmal durchgeknetet. Zum Formen legt man ihn auf ein Holzbrett und zieht ihn aus, sticht mit einem Glas lauter "Kreise" heraus. Die "Kiechla" zudecken und noch einmal kurz gehen lassen.

Jetzt kommt der schwierigste Teil: Die "Kiechla" müssen mit den Händen so gedreht und ausgezogen werden, dass innen ein dünnes, fast durchsichtiges Fenster entsteht. Dabei entstand auch die Bezeichnung "Knie-Kiechla" - weil sie manche Hausfrau über's Knie gezogen hat, damit sie in der Mitte schön dünn werden!
In etwa erinnert ein fertiges Kiechla an die amerikanische "Donuts", nur dass sie in der Mitte kein Loch haben und größer sind.

Hat man das geschafft, werden sie nach und nach in 180 Grad heißem Schmalz schwimmend schön goldbraun von beiden Seiten ausgebacken. Das perfekte Kiechla hat rundum einen dünnen, hellen Rand, da es im Fett "aufschwimmt"!

Nach dem Auskühlen bestreut man sie mit Puderzucker.


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